Podiumsdiskussion

„Ich habe lange gebraucht, das Wort ‚Soziales Unternehmen‘ in den Mund zu nehmen“

„Mit gemischten Gefühlen“ fuhr Georg Letzgus 1977, zu seinem ersten Arbeitstag von Stuttgart nach Schwäbisch Gmünd, denn von „heute auf morgen“ sollte er die Leitung des Hauses Lindenhof zunächst kommissarisch übernehmen. Nach den vier Fachvorträgen kamen, moderiert von Katharina Stumpf, die heute die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung verantwortet, die derzeitigen und vorangegangenen Vorstände der Stiftung in einer Podiumsdiskussion zu Wort.

Der ehemalige Finanzvorstand Hubert Sorg wurde von Georg Letzgus als Verwaltungsleiter eingestellt, doch „ohne jede Ahnung vom Sozialbereich“, studierte er erst einmal die Bundessozialgesetze, und: „Es hat mir Spaß gemacht!“, erinnerte sich Sorg. Die ersten Erfahrungen mit der Stiftung Haus Lindenhof machte Jürgen Kunze schon 1978 als Praktikant, bevor er 2005 Fachvorstand der Stiftung wurde. Unvergesslich blieb für ihn: „Es begann am 1. September mit einem Erdbeben“ und gleich vielen Terminen. Auch für den heutigen Finanzvorstand Hermann Staiber begann die Arbeit in der Stiftung 1993 mit dem Studium der Sozialgesetze und der AVR. Und, „Wenn Sie Fragen haben, dann kommen Sie!“, sagte ihm damals Hubert Sorg zu.

Zum Dienstantritt von Prof. Dr. Wolfgang Wasel diskutierten er und Jürgen Kunze erst einmal „die großen Linien“ und Wasel erinnerte sich, dass ihn Kunze gleich am ersten Tag in die Bedienung der Klimaanlage in seinem neuen Büro einwies.

Widerspricht sich „Wirtschaftlichkeit und Soziales“, wollte Stumpf von Hubert Sorg als nächstes wissen. „Ich habe lange gebraucht, das Wort ‚Soziales Unternehmen‘ in den Mund zu nehmen“, gestand er. Für ihn gehören die Begriffe Soziales, Wirtschaftlichkeit und Dienstgemeinschaft aber eng zusammen.

Auf die Frage, ob Personal der limitierende Faktor beim Wachstum der Stiftung sei, bestätigte Fachvorstand Wolfgang Wasel, dass die Personalgewinnung mittlerweile ein neuralgischer Punkt sei. Es gehe deshalb darum, individuelle Fähigkeiten zu fördern und Arbeit lebensphasenorientiert zu gestalten. Offenheit und Toleranz seien wichtig und man müsse kreativer werden, um noch attraktiver zu werden: „Es geht darum, Versorgungsqualität und Lebensqualität zusammenzubringen“. Und gleichsam: „Eine gute Mannschaft braucht einen guten Trainer“, merkte Wasel an. Georg Letzgus erinnerte daran, dass es bereits in den 70er-Jahren sehr schwierig gewesen war, qualifiziertes Personal zu finden: „Schon damals gab es einfach zu wenig ausgebildetes Fachpersonal“, so Letzgus.

„Corona und Digitalisierung“ warf Stumpf als weitere Stichworte in die Runde. 1,4 Millionen Euro habe die Stiftung in die Digitalisierung investiert, berichtete Hermann Staiber. Es sei aber bereits eine Infrastruktur für die digitale Kommunikation vorhanden gewesen, auf die man während der Corona-Krise gut aufbauen konnte.

Ob es im Blick auf das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) auch Grenzen von ‚selbst. bestimmt. leben.‘ gäbe, wollte Stumpf schließlich von Jürgen Kunze wissen. Es sei immer auch die Frage, wie man mit Grenzen umgehe, so Kunze. Das BTHG biete große Chancen auf mehr Selbstbestimmung und mit neunen Formen von Gemeinschaften die Lebensqualität zu verbessern.

Als Abschluss des Symposiums dankte Vorstand Hermann Staiber allen Beteiligten und Gästen. Gemeinsam ließen die Teilnehmer/-innen den Tag beim Get-together ausklingen.