Pilotprojekt „Fürsorgende Gemeinschaft in der Gemeinde Waldstetten“ startet mit erstem Baustein

Die Entwicklung soll mit und von den Bürgern gestaltet werden

Gemeinsam mit dem Ostalbkreis und der Stiftung Haus Lindenhof entwickelte die Gemeinde Waldstetten ein Konzept, damit die Menschen möglichst lange und selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung verbleiben können. Denn eine überragende Mehrheit der Menschen möchte in den eigenen vier Wänden alt werden. Mit einer Fördersumme in Höhe von 126.000 Euro unterstützen das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und der Verbraucherschutz Baden-Württemberg dieses Pilotprojekt mit dem Titel „Fürsorgende Gemeinschaft in der Gemeinde Waldstetten“.

Eine „klassische Netzwerkarbeit“ nennt der Waldstetter Schultes Michael Rembold die Kooperation von Gemeinde, Stiftung Haus Lindenhof und Landratsamt. Das Pilotprojekt ist vorerst auf 2 Jahre begrenzt. Dank der auf guter Basis stehenden Quartiersarbeit, die im Oktober 2018 ihren Anfang mit Magdalene Rupp nahm und seit April von Anneliese Iser fortgesetzt wird, kam die kleinste Gemeinde im Ostalbkreis für Landrat Dr. Joachim Bläse und sein Team infrage. „Wir haben seit Jahren den demografischen Wandel im Auge und daher 2024 eine Pflegebedarfsplanung sowie ein Konzept für den Aufbau einer Caring Community erstellt“, erklärt Verena Weber vom Geschäftsbereich Beratung, Planung, Prävention im Landratsamt. Dieses Konzept ging mit dem Antrag auf Förderung an das Sozialministerium sowie Ministerium für ländlichen Raum und erhielt von Minister Peter Haug eine Zusage. Präventive Arbeit habe Vorbildcharakter. Dabei gelte es, abzufragen, welchen Bedarf es gebe, welche Alltagshilfen sowie Pflegedienstleistungen nötig seien. „Die Menschen vor Ort müssen gut aufgefangen werden“, erklärt Weber. Und dafür sei der Aufbau von Helferkreisen in den Kommunen nötig.

Quartiersmanagerin Anneliese Iser erläuterte das aus vier Bausteinen bestehende Pilotprojekt. Den Anfang macht der präventive Hausbesuch, mit dem sie bereits begonnen hat. Rund 80 Seniorinnen und Senioren des Jahrganges 1949 werden von ihr zu Hause besucht, um zu erfahren, wie die jeweilige Lebenssituation ist. Dabei gibt sie allgemeine Informationen und erfragt, wo sich evtl. ein Bedarf abzeichnet oder schon vorhanden ist. „Bekommen die Betroffenen frühzeitig die richtigen Tipps oder Unterstützung, kann oft eine Verschlechterung aufgehalten oder gar verhindert werden“, weiß Iser. Mit den Hausbesuchen möchte sie ein Vertrauensverhältnis zu den einzelnen Menschen aufbauen. Neben den gesundheitlichen und pflegerischen Themen hat sie dabei auch die sozialen Kontakte und die Vernetzung der Einzelnen im Blick.

Die sogenannten Nachbarschaftsgespräche sind ein weiterer Baustein. Dabei werden die Menschen, die in unmittelbarer Nähe zueinander wohnen, eingeladen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Das sei ein Gewinn für alle, denn Begegnung schafft Nähe und verhindert Einsamkeit. Lebendige, engagierte Nachbarschaften, ein „Wir-Gefühl in den sozialen Nahräumen“ seien das Ziel. „Die Generationen können sich gegenseitig unterstützen: ‚Alt hilft Jung und Jung hilft alt‘ ist die Devise und die Menschen sind aufgefordert, ihre Talente und Fähigkeiten einzubringen.“

Dass die Bürgerinnen und Bürger der Gesamtgemeinde Waldstetten aktiv an der Gestaltung der Zukunft in ihrer Heimat partizipieren, sei ein Kernpunkt der Quartiersarbeit. Um die Herausforderungen des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels zu schultern, müssen alle Kräfte an einem Strang ziehen. Das sei für den nächsten Schritt, den Auf- und Ausbau eines angepassten Hilfe-Mix-Angebots, von großer Bedeutung. Professionelle Dienstleistungen ergänzen sich mit ehrenamtlichen Angeboten. „Dafür müssen sicherlich manche Strukturen überdacht und durch neue Verknüpfungen und Kooperationen abgelöst werden“, ist sich Iser im Klaren.

In der so entstehenden Caring Community in der Gesamtgemeinde brauche es natürlich Begegnungsmöglichkeiten in den einzelnen Teilorten, die von den Menschen gerne genutzt werden. Diese werden im vierten Baustein in den Blick genommen. Die bestehenden Treffpunkte wie beispielsweise das Kukaff in Wißgoldingen, der Dorftreff in Weilerstoffel oder die Begegnungsräume in Waldstetten seien schon eine gute Grundlage. „Es dürfen auch neue Bürgertreffs entstehen. Die Entwicklung soll mit und von den Bürgern gestaltet werden“, ergänzt sie. Dies sei viel wertvoller als eine Aktivität von außen.

Katja Koppelmann von der Stabstelle für Entwicklung und Qualität bei der Stiftung Haus Lindenhof weiß, wie auch Anneliese Iser, um die Wichtigkeit der Öffentlichkeitsarbeit. „Das Vertrauen der Bürgerschaft ins Projekt muss mit regelmäßigen Publikationen gestärkt werden. Vor allen Dingen Themen, die das Alter betreffen und für viele Menschen ein Tabuthema sind“, sind ihr dabei wichtig. Die Bedarfe müssen erkannt und im Netzwerk bearbeitet werden.
Dass die Quartiersarbeit in Waldstetten für die Stiftung Haus Lindenhof ein wichtiger Bestandteil ist, unterstrich deren Regionalleiterin Nadine Streicher. Seit 1999 betreibt die Stiftung das Seniorenzentrum St. Johannes in Waldstetten mit Pflegeplätzen und ein Betreutem Wohnen. Welch umfangreiches Angebot die mobilen Dienste bieten, wurde Ende 2023 mit der Umbenennung auf „Sozialstation Stiftung Haus Lindenhof“ noch mehr hervorgehoben. „Wir möchten stets flexibel sein und bieten über die Sozialstation niederschwellige Angebote an. Dadurch sollen die ambulanten Strukturen gestärkt werden.“

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Vorstellung des Pilotprojekts „Fürsorgende Gemeinschaft in der Gemeinde Waldstetten“: stehend Katja Koppelmann und Nadine Streicher von der Stiftung Haus Lindenhof mit Schultes Michael Rembold, vorne Verena Weber vom Landratsamt Ostalbkreis und die Waldstetter Quartiersmanagerin Anneliese Iser.