Ein Jahr Quartiersprojekt Wäschenbeuren
Wäschenbeuren auf dem Weg zu einer sorgenden Gemeinschaft
Ein soziales, generationenübergreifendes und inklusives Miteinander soll in Wäschenbeuren zu einer „Sorgenden Gemeinschaft“ wachsen. Schon seit 2005 machen sich die „Aktiven Senioren“, in Wäschenbeuren Gedanken, wie man in der Gemeinde gut alt werden und das soziale Miteinander stärken kann. „Anfang 2017 waren wir dann ein paar Frauen aus unterschiedlichen Organisationen wie dem Krankenpflegeverein, der Nachbarschaftshilfe oder den Kirchengemeinden, die in einem ‚Runden Tisch‘ konkrete Ideen dazu entwickelten“, erinnert sich Maria Hieber. „Die haben wir dann 2018 in der Gemeinde vorgestellt.“ „Da haben wir große Aufgaben auf uns zukommen sehen, um den bunten Strauß an Ideen umzusetzen“, sagt Bürgermeister Karl Vesenmaier zurückblickend. Daraus entwickelte sich dann 2020 ein erstes Bürgerbeteiligungsprojekt mit dem Titel „Gut beraten“. „Wir konnten stolz sein auf diese Vorarbeit, doch es fehlte einfach noch jemand, der den Hut auf hat“, stellt Marita Langer fest. Eine wesentliche Erkenntnis sei damals gewesen: „Ehrenamt braucht Hauptamt!“ bestätigt auch Maria Hieber, die gemeinsam mit Langer zum „Runden Tisch – Zukunft im Alter“ gehört. Seit einem Jahr wird dieses Bürgerschaftliche Engagement nun vor der hauptamtlichen Quartiersmanagerin Helena Schniepp unterstützt und weiterentwickelt.
Sie richtete zuerst einmal ein zentral gelegenes Quartiersbüro und den „Beuremer Treff“ ein, bot eine wöchentliche Bürgersprechstunde an und war sofort Ansprechpartnerin für die Bürger. Im Mai 2023 lud sie zu einem Tag der offenen Tür im Rahmen der Auftaktveranstaltung zum Quartiersprojekt ein. In einen „World-Café“ konnten dabei alle Besucher:innen an vier Thementischen ihre Gedanken und Ideen einbringen, wie sich Wäschenbeuren zu einer sorgenden Gemeinschaft für Jung und Alt entwickeln kann. „Spannend war auch die Entwicklung eines Logos für den neu eingerichteten Beuremer Treff“, erzählt sie. Es sei dabei gelungen, etwas zu gestalten, was die Bürger anspreche und womit sie sich identifizieren können. Den Boule-Treff hat sie wieder aktiviert und er ist zu einem beliebten Treffpunkt geworden, ebenso der neu in Leben gerufene Frühstückstreff. Ein „Bänkle-Plan“ soll den Bürger:innen Gelegenheit geben, sich zu treffen und zum gemeinsamen Spazieren gehen einladen, ein regelmäßiger Mittagstisch in Kooperation mit der benachbarten Gastronomie und ein Erzähl-Café sind geplant, ebenso sowie eine Vortragsreihe zu Fragen des Älter-werdens. Eine Quartiers-App und eine Pinnwand im Bürgertreff sollen künftig die Kommunikation in der Gemeinde und unter den Bürgern verbessern.
Hans Ziegler wurde durch die Auftaktveranstaltung auf das Quartiersprojekt und den neuen Bürgertreff aufmerksam. Er kam vor 16 Jahren aus Göppingen nach Wäschenbeuren. „In der Corona-Zeit ist mir bewusstgeworden, wie wichtig die Gestaltung eines sozialen Umfelds und die Einbindung in das Leben der Gemeinde ist“, erzählt er. Es sei wichtig sich einzubringen und etwas einzubringen. „Im Repair-Café bin ich immer wieder erstaunt, welche Fähigkeiten es in der Gemeinde gibt.“ Jeder trage etwas zum Gelingen bei, weiß auch die Quartiersmanagerin, dabei sei besonders der „Runde Tisch“ für sie ein „ungeheuer wichtiger“ Kontakt.
Dieter Lehmann ist externer Berater bei dem Quartiersprojekt. Er bestätigt „Im ersten Jahr wurde schon sehr viel erreicht!“ Helena Schniepp sei ein Glücksgriff für die Gemeinde. Das weiß auch Bürgermeister Vesenmaier. Sie leiste hier im Ort Pionierarbeit, sie sei mittlerweile gut vernetzt, als „Motor“ und „Kümmerer“ vor Ort initiiere und unterstütze sie viele wichtige Projekte. Vesenmaier bedauert, „Wir leben in einer Zeit, in der das Ehrenamt zurückgeht.“ Und er stellt fest, die nimmt Einsamkeit in unserer Gesellschaft einen immer breiteren Raum ein. Da will er mit dem Quartiersprojekt gegensteuern. Das Quartiersprojekt solle auch keine Konkurrenz zu den bestehenden Vereinen sein, betont Schniepp, sondern eine Ergänzung. Sie freut sich darüber, dass es auch im Kulturausschuss und im Kulturring große Offenheit gegenüber der Quartiersarbeit gäbe.
Kooperation, Vernetzung und Treffpunkte, die Verbindung und gegenseitige Unterstützung von Jung und Alt, eine lebendige Gemeinschaft, die der Vereinsamung entgegenwirkt seien wichtig, weiß auch Katja Koppelmann die bei der Stiftung Haus Lindenhof mehrere Quartiersprojekte in unterschiedlichen Gemeinden fachlich berät und konzeptionell begleitet. Die Stiftung betreibt in Wäschenbeuren seit 18 Jahren die Altenpflegeeinrichtung Kardinal-Kasper-Haus und seit 11 Jahren eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung und ist auch bei diesem Quartiersprojekt Partner der Gemeinde. „Wir wollen unser Know How ins Quartier mit einbringen, aber auch über den Tellerrrand schauen und neue Wege gehen“, begründet sie das Engagement der Stiftung.
Gefördert wird das Quartiersprojekt „Zukunft gemeinsam gestalten – Wäschenbeuren“ vom Land Baden-Württemberg im Rahmen der Strategie „Quartier 2030 – Gemeinsam Gestalten“. Die Antragstellung sei nicht ganz einfach gewesen, erinnert sich Vesenmaier, die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Waldstetten sei da sehr hilfreich gewesen.
Allerdings halte sich die Annahme des Beratungsangebots noch ein wenig in Grenzen, bedauert Schniepp. „Es ist wichtig, dass Beratungsstellen in der Nähe sind. Wenn jemand mal nicht mehr mobil ist, ist ein Beratungsangebot in Göppingen auch eine Weltreise,“ weiß Lehmann aus Erfahrung. Begegnung sei der erste Schritt, dann gelänge es auch über die Probleme zu sprechen. Ein Bedarf an Beratung sei bei den Bürgern sicher da, ist sich auch Maria Hieber sicher, doch für manche gäbe es derzeit auch noch eine gewisse Hemmschwelle, Hilfe in Anspruch zu nehmen, beobachtet Marita Langer. Dennoch viele schauen einfach mal ganz unverbindlich vorbei, berichtet Schniepp. So entstünden erste Kontakte, die sich dann weiterentwickeln können, da ist sie ganz zuversichtlich.
Dieter Lehmann begleitet als externer Berater verschiedene Kommunen mit dem gleichen Ziel. „Deshalb weiß ich und erlebe ich, dass Wäschenbeuren aktuell auf einem guten Weg ist in der Zusammenarbeit von Gemeinde, dem Runden Tisch Zukunft im Alter, der Stiftung Haus Lindenhof und mir als externem Berater,“ versichert er.