Stationäre Altenhilfe und Sozialstationen fordern: Einrichtungsbezogene Impfpflicht komplett streichen
„Beim Personal haben wir null Puffer“
Stuttgart, 28. Juli – Auf die Einrichtungen der Altenhilfe und auf die Sozialstationen kommt eine neue, sehr aufwändige und bürokratische Anforderung zu: Bis zum 1. Oktober müssen sie alle Mitarbeitenden ohne dritte Impfung oder zweimaliger Impfung plus aktuellem Genesenem-Status beim Gesundheitsamt nachmelden. In Zeiten hoher Personalausfälle aufgrund von Corona, in denen händeringend nach Ersatz-Kräften gesucht wird, „fügt die erneute Meldung der Mitarbeitenden ohne ausreichenden Impfschutz der Altenhilfe einen großen Schaden zu, der am Ende zulasten der älteren und pflegebedürftigen Menschen geht“, kritisieren Boris Strehle und Professor Dr. Wolfgang Wasel, Sprecher des Netzwerk Alter und Pflege im Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Sie plädieren für eine ersatzlose Streichung dieser Ausbau-Stufe. Nicht zuletzt, weil die Impfpflicht die Abwanderung von Mitarbeitenden aus der Altenhilfe verstärke und beschleunige.
Lag die Immunisierungs-Quote bezogen auf eine zweifache Impfung in der Altenhilfe in Württemberg im Frühjahr noch bei rund 92 Prozent, hätten jetzt schätzungsweise bis zu 60 Prozent der Mitarbeitenden eine Booster- oder zweifache Impfung und gültigem Genesenen-Status. Allein die Abfrage bedeute für die Altenhilfe „erneut einen Kraftakt, der sich vermeiden ließe“, so die Netzwerk-Sprecher. Die Träger und Einrichtungen rechnen mit Kündigungen, dabei „kämpfen wir Woche für Woche, um die Dienste noch abdecken und die uns anvertrauten Menschen angemessen versorgen zu können“, so Wasel und Strehle. „Jede Hand, die fehlt, reißt eine Lücke, die wir nicht mehr stopfen können. Wir haben beim Personal null Puffer.“
Eine Corona-Impfung schütze nur noch die geimpfte Pflegekraft selbst, nicht aber vor Übertragung an alte und pflegebedürftige Menschen. Zudem würden Mitarbeitende in der Pflege derzeit bei Temperaturen über 30 Grad in voller Schutzkleidung ihre Arbeit verrichten, während außerhalb der Einrichtungen Großevents und Feiern ohne jegliche Schutzauflagen stattfänden. „In dieser Situation auf eine einseitige Impfpflicht zu pochen, ist für unsere Beschäftigten nicht mehr nachvollziehbar.“
Im Netzwerk „Alter und Pflege“ haben sich 74 katholische Anbieter von stationärer und ambulanter Hilfe in der Diözese Rottenburg-Stuttgart zusammengeschlossen. Die Mitglieder des Netzwerks unterstützen, pflegen und sorgen für Menschen in unterschiedlichen Bedarfslagen. Diesen Beitrag leisten die katholischen Träger auf hohem, professionellen Niveau und nach anerkannten Standards bei gleichzeitiger Bezahlung von Tariflöhnen für die Beschäftigten. In Kooperation mit Akteuren aus Kirche, Politik, Kommunen und Praxis setzen sich die katholischen Träger dafür ein, dass Pflege und Betreuung im Sozialraum nah am Menschen stattfinden können.